Bayern vertieft seine Beziehungen mit Tschechen
In den vergangenen 20 Jahren haben Tschechen zwei Päpste besucht und alle amerikanischen und russische Präsidenten aber es kam niemals zu einem offiziellen Besuch des bayrischen Premierminister.
Das bedeutet allerdings nicht, dass sich Tschechen für Bayer nicht interessieren. Ganz umgekehrt ist das 12 millionen Einwohner zählige Bayern unter vielen Umständen der wichtigste Nachbar Tschechen.
Der Handel mit diesem Bundesland macht 30 Prozent des tschechischen Außenhandel aus. Hierhin hat die erste Autobahn nach Westen geführt, in den 90-ger hingegen, führte aus dem bayrischen Ingolstadt die erste Pipeline, die die Abhängigkeit Tschechen von dem russischen Öl beendigt hat.
Weswegen also hat der bayrische Premierminister innerhalb der 20 Jahren Prag nicht besucht? Genau deswegen, weil der größte Teil der 3 Millionen Sudetendeutschen Vertriebenen, nach dem Zweiten Weltkrieg aus Tschechen eben nach Bayern vertrieben wurde.
Bayerns Verfassung besagt, dass die Sudetendeutschen "das viertgrößte bayerische Stamm" seien und der Premierminister dieses Landes den Titel des "Verteidigers der Sudetendeutschen" trägt. Bis zum Anfang dieser Woche war dies das grundlegende Hindernis auf dem Weg des Premierminister nach Prag.
Die zwanzigjährige Schweigemauer zwischen Prag und München durchbrach erst der gegenwärtige Premierminister Bayerns, Horst Seehofer, der in dem tschechischen Premierminister, Peter Neczas, einen Partner gefunden hat.
Die Idee der Reise, um die sich Seehofer sehr bemüht hat, ist nicht leicht entstanden. Noch im Herbst hat Neczas, gefragt nach dem Terminbesuch von Seehofer, festgestellt, dass er davon nichts weiß weil "den bayrischen Premierminister niemand eingeladen hat".
Um dasselbe gefragte Außenminister Karel Schwarzenberg, erwiderte dies gewissermaßen witzig: "Der bayrische Premierminister ist wie der Tod. Er wird mit Sicherheit kommen aber niemand weiß wann".
Der Besuch kam zu Stande hauptsächlich deswegen, weil keine der Seiten Vorbedienungen gestellt hat. Im Gegenteil zu seinen Vorgänger, hat der bayrische Premierminister von Prag nicht verlangt sich von den Benes-Dekreten zu distanzieren auf deren Grundlage die Deutschen aus Tschechen vertrieben wurden. Prag dagegen hat in Stille zu Kenntnis genommen, dass sich in der bayrischen Delegation, Bernd Possel, Sprecher des Sudetendeutschen Vertriebenenverbandes befand.
Vor einigen Wochen hat Possel Tschechen privat besucht. In Lidlicen, einem Dorf dessen Bewohner von den Deutschen, aus Vergeltung für den Mord an Moldawiens und Tschechens Protektor, getötet wurden - entschuldigte sich Reinhard Heydrich für die Teilnahme der Sudetendeutsche bei den Verbrechen der Nazis und bat um Vergebung. In der ganzen Geschichte hat niemand aus dem Führungsgremium der Sudetendeutschen etwas ähnliches getan.
Während Seehofer Besuchs wurde die gleiche Formel verwendet, die der tschechisch-deutschen Deklaration aus dem Jahre 1997 vorschwebt, die die Verhältnisse zwischen Prag und Berlin normalisiert: mit den Problemen der Vergangenheit belasten wir nicht die Zukunft.
- Wir wissen, dass es Fragen gibt die wir weiterhin anders betrachten. Wir wollen aber zusammen nach vorne schreiten und die neue Zukunft bauen - sagte Bawarczyk, der damit beinahe die Wörter von Neczas wiederholt hat. Der tschechische Premierminister, über Posselt gefragt, antwortete lakonische - Der Bestand der Delegation ist Angelegenheit des bayrischen Premierminister. Aber die Hand hat er Posselt gereicht.
Im Rahmen der warmen Gesten hat Neczas auch versprochen, dass Bayern so wie Österreich, ausführliche Informationen über den Bau von weiteren Blöcken des Kernkraftwerk Temelin erhalten wird. Das Kernkraftwerk befindet sich in der Nähe der Grenze mit Österreich und Bayern. Wiederum Seehofer hat Tschechen vorgeschlagen, die tschechische Polizeipatrouillen an Ihren Grenzen zu stärken - auf die arrogante Verhaltensweise der deutschen Polizeibeamter klagen sich tschechische Autofahrer. Die größte Aufmerksamkeit widmeten die beiden Premierminister dennoch der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der Entstehung einer direkten Prag-München Bahnverbindung.
Ganz zufrieden war auch Bernd Posselt, der sagte: "Das Eis wurde gebrochen". Dabei versicherte er, dass er eine große Veränderung an der tschechischen öffentlichen Meinung sehe, die das, mit den Nachkriegsverbrechen an den Sudetendeutschen verbundene Anliegen, nicht mehr mit Schweigen abwimmeln möchte. Und nächstes Jahr beginnt die Zusammenarbeit zwischen den Vertriebenen und den Tschechen - schwärmte er laut.
Wir haben Advent, die Zeit der Hoffnung und der Versöhnung. Und auch ich möchte daran glauben, dass es anders zwischen uns, den Sudetendeutschen und Ihren Nachkommen sein wird. Aber unabhängig davon, ob es nächstes Jahr geschieht oder in drei Jahren, hat es heute, nach so vielen Jahren die seit dem Krieg vergangen sind, nicht die geringste Bedeutung.