„Menschen ohne Geschichte, ohne das Land, das sie ihre Heimat nennen konnten, sind wie ein Blatt im Wind - obdachlos und entwurzelt. Ihr Weg führt nirgendwohin“ - die Entdeckung meiner Geschichte, von meiner Vergangenheit. Eine Reise in die Unendlichkeit.
Meiner Meinung nach sind Menschen ohne Geschichte, ohne das Land, das sie ihre Heimat nennen können, wie ein Blatt im Wind - obdachlos und entwurzelt. Was mich betrifft, meine Heimat ist ein kleines Städtchen nahe der polnisch-ukrainischen Grenze, der Ort heißt Drohobycz und ist mit der Kindheit meiner Grosseltern verbunden. Meine Vorfahren stammen von dort und erst nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich hier (?) alles verändert.
Als ich ein Kind war, konnte ich stundenlang Omas Erzählungen zuhören. Diese regten immer meine Fantasie an. „Doch die Zeiten waren anders“, wiederholte Oma, „die Menschen lebten miteinander und alle Nationalitäten, alle Minderheiten, waren so gemischt, dass wir keinen Wert darauf legten, ob unser Nachbar Jude, Ukrainer oder Pole war. Das Wichtigste war - wir alle waren Mitglieder einer großen Familie“. Und so weiter, und so fort. Deswegen kann man sich vorstellen, dass mein größter Traum war, eine Reise in die Ukraine zu machen, um alles mit eigenen Augen anzusehen. Oma erzählte mir, wie sie durch die Gassen gewandert war, wie bunt und wie schön die Marktstände gewesen waren und wie groß ihr alles damals erschien.
Deshalb wollte ich die Stadt neu entdecken. Meinen Grosseltern war das leider nicht mehr möglich. Ich wollte aber eine solche Chance nicht verpassen. Also benutzte ich eine Gelegenheit, um dorthin zu fahren. Hat die Reise meinen Erwartungen entsprochen? Unglücklicherweise war das nicht der Fall! Die leeren Gassen und die vernachlässigten Häuser sahen so abweisend und abschreckend aus, dass ich zuerst etwas enttäuscht war! Von Omas Erzählungen kannte ich die Geschichte der Stadt und ich wusste, dass während des Zweiten Weltkriegs hier ein Ghetto bestand und auch viele Juden ermordet worden waren, unter anderen einer der größten Schriftsteller Polens, Bruno Schulz. Unnötig zu sagen, dass mich jeder Ort und jeder Platz, die ich besuchte, daran erinnerte, dass hier etwas Unbeschreibliches und Schreckliches geschehen war. An allem haftete etwas, eine Spur der Vergangenheit. Die leeren Fenster schienen mir, als versuchten sie zu mir zu sagen: „Wir haben alles gesehen, alles“. Ich schloss meine Augen und alles war so still und unbeweglich! Ein unbeschreibliches Gefühl erfüllte mein Herz. Ein Teil von mir gehörte zu dieser Stadt. Das Gefühl war so stark, dass ich mich entschieden habe, meine frischen Erfahrungen in einem Buch oder in einem Journal zu beschreiben. Ich habe meine Oma gebeten, mir noch einmal die wertvollen Postkarten und Briefe zu zeigen - ich habe alle um mich herum ausgebreitet - um die Teile der Geschichte zusammenzubringen. Und was für ein Motto habe ich gefunden? Es war natürlich der Satz, den habe ich einmal, ich weiß nicht mehr wo, gelesen habe: „Menschen ohne Geschichte, ohne das Land, das sie ihre Heimat nennen können, sind wie ein Blatt im Wind - obdachlos und entwurzelt. Ihr Weg führt nirgendwohin!“